Nach monatelangem Stillstand hat die Europäische Zentralbank (EZB) endlich den Leitzins gesenkt. Doch welche Auswirkungen hat dieser Schritt auf den deutschen Immobilienmarkt, und was verraten uns Analysen und Prognosen?
So viel ist sicher: Der steinige Weg der Geldpolitik geht weiter. EZB-Präsidentin Christine Lagarde betont, dass der Kampf gegen die Inflation längst nicht vorbei ist. Die Zeiten restriktiver Zinsen sind noch nicht zu Ende, auch wenn der Druck langsam nachlässt. „Wir müssen den Fuß noch eine Weile auf der Bremse lassen, wenn auch nicht mehr ganz so fest wie bisher“, erklärte Lagarde.
EZB-Zinssenkung: Ein Hoffnungszeichen für den Immobilienmarkt
Catella Research prognostiziert, dass wir im zweiten Halbjahr 2024 mit weiteren kleinen Zinsschritten rechnen können – voraussichtlich in 0,25-Prozent-Schritten. Doch die erste Senkung im Juni 2024 wird bereits ihre (psychologischen) Spuren hinterlassen. Investoren werden mutiger, und die Transaktionen nehmen Fahrt auf. Allerdings gibt es auch Schattenseiten: Notleidende Kreditengagements und Insolvenzen werden weiterhin den Markt belasten.
Bestandshalter sehen sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Die gestiegenen Zinskosten drücken auf den Objekt-Cashflow und lassen weniger Spielraum für energetische Sanierungen. Auch bei Darlehensprolongationen wird die Luft dünner, da restriktive Kreditvergabestandards wieder zuschlagen. Die Quote notleidender Kredite könnte bis 2026 weiter steigen, so die Einschätzungen von Catella Research in ihrer Analyse "Von Euphorie zu Bereinigung: Wie die EZB-Zinspolitik die Immobilienlandschaft verändert".
Immobilienpreise in Bewegung
Eine Analyse von Immowelt zeigt, dass die Senkung des Leitzinses indirekt auch die Bauzinsen und damit die Immobilienpreise beeinflussen dürfte. Während nach Ende der Niedrigzinsphase ab Ende 2021 die Preise innerhalb von sechs Monaten sanken, reagierten die Bauzinsen im Oktober 2023 deutlich schneller. In Städten wie Berlin stiegen die Preise sogar schon im August 2023 wieder leicht, lange bevor die Bauzinsen fielen.
Immobilienwerte: Eine Berg- und Talfahrt
Die Zinssenkung hat nicht alle Marktteilnehmer besänftigt: Immobilienwerte wie Vonovia verloren deutlich, während der Dax leicht zulegte. Die Anleger hatten wohl auf klarere Signale der EZB gehofft. Hohe Zinsen erschweren die Finanzierung am Kapitalmarkt und bremsen Verkäufe aus den Beständ
Perspektiven und Prognosen
Laut Prof. Dr. Günter Vornholz, Geschäftsführer der Immobilien Research Vornholz GmbH, wird es zwar zu einer Zinserleichterung kommen, doch ein neuer Immobilienboom steht nicht in Aussicht. Die langfristigen Hypothekenzinsen, beeinflusst durch Pfandbriefe und Bundesanleihen, sind entscheidender als die kurzfristigen Leitzinsen. „Die EZB hat zwar eine neue Phase der Geldpolitik eingeläutet, aber die Maßnahmen werden nur begrenzte Impulse für die Immobilienmärkte haben“, so Vornholz.
Finanzierung im Wandel
Die Leitzinsentscheidungen der EZB wirken sich nur auf kurzfristige Zinsen aus, doch die langfristigen Zinsen sind wichtiger für die Preisbildung. Trotz langsamer Rückführung der Maßnahmen zeigt der BF.Marktradar für Juni 2024 eine leichte Normalisierung: Das Volumen an Wohnimmobiliendarlehen stieg im ersten Quartal um 7,1 Prozent.
Fazit
Obwohl die Zinssenkung bereits eingepreist ist und der große Boom ausbleiben wird, sieht es nach einer schrittweisen Normalisierung aus. Die Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Ifo-Präsident Clemens Fuest bewerten den Schritt positiv und hoffen auf neue Impulse für die Baubranche. Doch entscheidend wird sein, wie die Geschäftsbanken reagieren und ob die langfristigen Zinsen und damit die Baufinanzierungen nachhaltig profitieren werden.
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